Inscriptio Mensis Maii – Inschrift des Monats Mai

Der Name des Frühlingsmonats Mai leitet sich vermutlich von Maia ab, einer Göttin des Wachstums.

Die beiden Inschriften stammen von (bzw. aus) den Gebäuden zweier evangelischer Freikirchen im Landkreis Leer.

Mennoniten Leer 2

Deo hat in diesem Fall selbstverständlich nichts mit der Kurzform für Deodorant zu tun, obwohl natürlich auch das lateinisch ist (de-odorare heißt so viel wie „Geruch vermeiden“, von lateinisch odor = „Geruch“).

Deus heißt „Gott“, deo ist der Dativ dazu. Grammatisch gesehen ist die Inschrift als so genannter Dativus commodi zu sehen, als „Dativ des Vorteils“ also, der in der deutschen Übersetzung in der Regel auf die Frage „Für wen?“ antwortet: „Für Gott“ ist dieses Haus also gebaut worden. Für wesentliche Aussagen braucht man oft nicht viele Worte – hier reicht ein einziges.

(Auch die gängige Dativ-Frage „Wem… (ist dieses Haus gewidmet)?“ ist natürlich möglich. Ebenso ist der Dativ in der bekannten Inschrift „Dem deutschen Volke“ am Reichstag in Berlin gebraucht.)

Das Haus, das „für Gott“ gebaut wurde, ist die Kirche der Mennonitengemeinde in Leer Mennoniten Leer 1in der Norderstraße. Die mennonitischen Gemeinden haben ihren Ursprung in der Reformation im 16. Jahrhundert (2017 ist Lutherjahr: Vor 500 Jahren schlug Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche), und zwar in der Täuferbewegung. In Leer gibt es die Gemeinde seit 1540, das Kirchengebäude stammt aus dem Jahr 1825.

 

 

Eine Erweiterung der kurzen Inschrift DEO findet man in einer weiteren freikirchlichen Gemeinde:

Orgel Ihren 3

Orgel Ihren 1Diese Worte befinden sich auf der Orgel in der Kapelle der Evangelisch-freikirchlichen Gemeinde Westoverledingen in Ihren: „Gott allein (sei) die Ehre.“

Auch hier in aller Kürze eine bedeutende Aussage. Und das eingeklammerte „sei“ weist entsprechend auf ein häufiges sprachliches Mittel hin, das verwendet wird, um kurz und prägnant zu formulieren, die so genannte Ellipse (ausnahmsweise mal nicht lateinisch, aber dafür altgriechisch: „Auslassung“). Sie liegt dann vor, wenn ein leicht aus dem Zusammenhang zu ergänzendes Wort ausgelassen wird. Das ist nicht nur im Lateinischen oft eine Form des Verbs esse bzw. „sein“, auch aus deutschen Zeitungsschlagzeilen kennt man z.B. solche Auslassungen:

HSV AUF EUROPAPOKALKURS!HSV-Raute

Statt „Der HSV ist auf Europapokalkurs!“ – Gut, das ist leider schon etwas her, aber die Hoffnung lebt… Oder auf Latein: Dum spiro, spero. – „Solange ich atme, hoffe ich.“ (Ein wahrer Spruch für uns HSV-Fans, oh ja…)

Im Deutschen fehlen, wie in diesem Beispiel das Wort „Der“, dann auch oft die Artikel – die können im Lateinischen gar nicht wegfallen, denn es gibt sie nicht. Ja, man kann ein Weltreich aufbauen, auch wenn man nicht einmal die Entsprechungen für „der“, „die“ oder „das“ in seiner Sprache hat!

Zurück zur Inschrift:

Soli deo gloria ist übrigens auch der Name eines ostfriesischen Chores, der am 19. März 2016 in eben dieser Kapelle in Ihren direkt neben der Orgel mit dieser Inschrift ein beeindruckendes Passionskonzert gab.

Die Evangelisch-freikirchliche Gemeinde ist umgangssprachlich auch als „die Baptisten“ bekannt – na klar, auch hier steckt wieder Latein drin, das Wort ist abgeleitet vom lateinischen Verb baptizare (= taufen), das ebenfalls seinen Ursprung im Altgriechischen hat. Die Gemeinde in Westoverledingen gibt es seit 1846, die Kapelle seit 1854. Die von der Firma Walcker gebaute Orgel mit der Inschrift stammt aus dem Jahr 1931.