Martial feat. Marie H.: Gedichte nach Epigrammen des Schriftstellers Marcus Valerius Martialis

Der Lateinkurs 10NLF1-3 beschäftigte sich mit den Epigrammen des römischen Dichters Marcus Valerius Martialis (kurz „Martial“, geboren 40 n. Chr., gestorben zwischen 102 und 104 n. Chr.).

Epigramme sind in der Regel kurze, meist spöttische Gedichte, in denen Martial die römische Gesellschaft seiner Zeit mit spitzer Feder karikiert.

Dabei hat Marie Heisterhoff (10NLF3) auf der Grundlage der lateinischen Texte die folgenden, hervorragend gelungenen deutschen Epigramme verfasst, die dem Ton der Originale nahe kommen und zeigen, wie inspirierend die Beschäftigung mit (nicht nur, aber gerade!) lateinischer Literatur sein kann…

 

♦ Originalversion: Spott über den kleinen Bauern – Martial, Ep. XI, 14

Heredes, nolite brevem sepelire colonum:

nam terra est illi quantulacumque gravis.

♦ Gedicht in Anlehnung an Martial, Ep. XI, 14 von Marie Heisterhoff:

Spott über den kleinen Bauern – Martial (feat. Marie H.)

Auch tot der Bauer ist stets klein,

So lasst es euch ein´ Ratschlag sein

und grabt den Bauern ja nicht ein.

Er würd´ nicht halten dies Gewicht,

Im Leben konnte er´s schon nicht.

Drum wär´s ein sinnvoller Verzicht.

Dem ein Begräbnis vorenthalten,

der nicht mal Erde kann verwalten.

Obwohl sein Name Bauer ist

Und er es eigentlich können müsst´.

 

♦ Originalversion: Der Wichtigtuer – Martial, Ep. II, 7

Declamas belle, causas agis, Attice, belle,

historias bellas, carmina bella facis,

componis belle mimos, epigrammata belle,

bellus grammaticus, bellus es astrologus,

et belle cantas et saltas, Attice, belle,

bellus es arte lyrae, bellus es arte pilae.

Nil bene cum facias, facias tamen omnia belle,

Vis dicam quid sis? Magnus es ardalio.

♦ Deutsche Nachdichtung von Marie Heisterhoff:

Der Wichtigtuer – Martial (feat. Marie H.)

Auch wenn du Reden halten kannst,

Und singst und lachst und forschst und tanzt,

Auch wenn du Gedichte dichtest und über Gesetze richtest,

Auch wenn du musikalisch bist, Sprachgelehrter und Komponist,

Macht dich das nicht zum guten Mann,

Da nicht alles nur Schöne auch gut sein kann.

 

Und noch ein für Martial eher untypisches, nachdenkliches Gedicht…

♦ Originalversion: Glück (Martial Ep. X, 47)

Vitam quae faciant beatiorem,

Iucundissime Martialis, haec sunt:

Res non parta labore, sed relicta;

Non ingratus ager, focus perennis;

Lis numquam, toga rara, mens quieta;

Vires ingenuae, salubre corpus;

Prudens simplicitas, pares amici;

Convictus facilis, sine arte mensa;

Nox non ebria, sed soluta curis;

Non tristis torus, et tamen pudicus;

Somnus, qui faciat breves tenebras:

Quod sis, esse velis nihilque malis;

Summum nec metuas diem nec optes.

Gedicht in Anlehnung an Martial Ep. X, 47 von Marie Heisterhoff:

Glück – Ein Gedicht (Marie H.)

Für manche bedeutet Glück im Leben,

Viel Geld zu verdienen und auszugeben.

Ich allerdings, das muss ich gestehen,

Kann das Glück ganz woanders sehen.

Ich sehe es im Frieden, in der Zufriedenheit,

Der Freiheit und der Gerechtigkeit.

In Treue, Vergebung und Ehrlichkeit,

In Wertschätzung, Ruhe und auch in der Zeit.

Zu lieben und geliebt zu werden,

Das ist wahres Glück auf Erden.

Zufrieden zu sein mit sich und der Welt,

Sich über Regen zu freuen, der vom Himmel fällt.

Zu schweigen, zu weinen, zu reden, zu lachen,

Sich einfach mal ´nen schönen Abend zu machen,

Oder auch ´nen schönen Tag,

Mit Familie, Freunden, Menschen, die man mag.

Aus Fehlern lernen,

Nicht zu bereuen,

Sich über die kleinen Ding zu freuen.

All das und noch mehr ist für mich Glück des Lebens,

Wer Glück in Materiellem sucht,

Der sucht wohl vergebens.