Lehrkräftefahrt: Spuren des Zweiten Weltkriegs in den Niederlanden

Lehrkräftefahrt „Helden – Täter – Opfer: Spuren des Zweiten Weltkrieges in den Niederlanden“

Am 10. Mai 1940 überfiel die Wehrmacht die neutralen Niederlande. Nach der Kapitulation am 15.05.1940 wurde das Nachbarland besetzt und unter deutsche Herrschaft gebracht. Die Folgen der NS-Herrschaft waren weitreichend und prägten das deutsch-niederländische Verhältnis für viele Jahrzehnte nach Kriegsende. Im Rahmen der Lehrkräftefahrt „Helden – Täter – Opfer: Spuren des Zweiten Weltkrieges in den Niederlanden“, die der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Anfang Oktober ausrichtete (04.10 – 06.10.) wurden deutschen und niederländischen Lehrkräften Lernorte als mögliche Ziele für Schulklassen vorgestellt und Gespräche mit Expertinnen und Experten vor Ort ermöglicht. Die Teilnahme an der Lehrkräftefahrt wurde im Rahmen des Erasmus+ Projekts finanziert.

So war das erste Ziel der Fahrt die Gedenkstätte Westerbork. Westerbork fungierte als Durchgangslager, die Nationalsozialisten sendeten von dort niederländische Jüdinnen und Juden in die Vernichtungslager im Osten, zeitgleich versuchte der dortige Kommandant, Albert Konrad Gemmeker, Westerbork als ein Modell Arbeitslager darzustellen, um eine Versetzung in den Osten zu verhindern. Nach der Besichtigung des Geländes, stellte ein „Zweitzeuge (Nachkomme eines betroffenen Zeitzeugens) seine Arbeit mit Schulklassen vor, denen er am Beispiel seiner Familie die Lebensumstände von jüdischen Niederländern in der Zeit vor und während der NS-Herrschaft und den anschließenden Umgang mit den Geschehnissen seitens der niederländischen Regierungen nach dem Zweiten Weltkrieg näherbringt.

Haus des Lagerkommandanten in Westerbork
Installation auf dem ehemaligen Appellplatz, Gedenkstätte Westerbork

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Folgetag begann mit einer Besichtigung der kanadischen Kriegsgräberstätte in Holten. Auch diese bietet eine Vielzahl an Studien- und Schulprogrammen, den Schülerinnen und Schülern wird über das Erarbeiten von Einzelschicksalen ein biographischer Zugang ermöglicht und aufgezeigt, dass eine einfache Zuschreibung von „Opfer-Täter-Held“ oft nicht möglich ist und mehrere Perspektiven berücksichtigt werden müssen.

Kanadische Kriegsgräberstätte in Holten

 

Im Anschluss fuhr der Bus die Gruppe nach Amsterdam, wo eine Führung durch das jüdische Viertel erfolgte, mit einer anschließenden Besichtigung des neugestalteten Widerstandsmuseums. Hier wurde auf die Besonderheit der Ausstellung für Jugendliche verwiesen, die einen sehr hohen Grad an Interaktivität bietet, um jüngeren Schülerinnen und Schülern einen Zugang zu dem Thema zu ermöglichen. Auch die neue Dauerausstellung wurde sehr modern gestaltet und ist dreisprachig (niederländisch, deutsch, englisch) begleitet.

Holocaust Namenmonument Amsterdam
Jüdisches Viertel in Amsterdam

Am letzten Tag erfolgte der Besuch mit Führung der deutschen Kriegsgräberstätte in Ysselsteyn, kombiniert mit einer Vorstellung des pädagogischen Programms der Jugend- und Begegnungsstätte in Ysselsteyn. Die flächenmäßig größte deutsche Kriegsgräberstätte in Europa arbeitet u.a. mit der Möglichkeit des biografischen Zugangs, Schülerinnen und Schüler erarbeiten sich den Lebenslauf einzelner Personen und stellen diese vor. Zudem kooperiert die Gedenkstätte mit den niederländischen Schulen in der Umgebung und ermöglicht so den Austausch zwischen niederländischen und anderen europäischen Schülergruppen, die die Gedenkstätte besuchen.

Insgesamt waren es drei sehr gelungene Tage, die regen Austausch ermöglichten und eine Vielzahl an möglichen historischen Lernorten in den Niederlanden aufzeigten. Es war sehr interessant, die niederländischen Ansätze zur Erinnerungskultur – insbesondere im Bereich der Jugendbildung – genauer kennenzulernen und sich an jeder der Stationen mit den engagierten Teams austauschen zu können, die einen wertvollen Beitrag zu gelebten europäischen Werten leisten.