Ein halbes Jahr Spanien – Erfahrungsbericht von Jeelka Hessenius, Jg. 12
Spanien- das Land der Sonne und des Meers. Und ich dort für ein halbes Jahr.
Es war schon lange ein Traum für mich, mal ins Ausland zu gehen, aber eigentlich hatte ich immer ein englischsprachiges Land vor Augen einfach, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Aber eine Austauschveteranin hat mich letztendlich mit dem Argument überzeugt, dass man Englisch auch zuhause lernen würde, Spanisch zum Beispiel aber nicht. Auch der etwas nach hinten verschobene Tagesrhythmus und das gesellschaftlich akzeptierte zu spät Kommen schienen mir gute Gründe, nach Spanien zu fahren.
Nach zugegebenermaßen einer Menge Orgakram war es dann soweit: mein Aufbruch zu einem Vorort Spaniens drittgrößter Stadt Valencia. Es erwartete mich eine Gastfamilie bestehend aus Mutter, Vater und studierender Tochter, eine weitere Austauschschülerin aus Italien und eine ganze Menge Freiheit (eineinhalb Monate lang jedenfalls).
Die Schule war großartig. Bereits nach einigen Stunden hatte ich eine Freundesgruppe gefunden, von denen einige bereit waren, langsam und geduldig mit mir zu sprechen, damit auch ich mit meinen doch sehr eingeschränkten Spanischkenntnissen etwas verstehen konnte. Sie waren gute Lehrer, fast besser als die echten Lehrer, denn in Spanien findet fast nur Frontalunterricht statt. Ich vermute, dass das auch der Grund ist, warum das Englischniveau der meisten Spanier nicht über das Sprachvermögen deutscher Fünftklässler hinausgeht.
Nachdem ich mich innerhalb einiger Wochen ganz eingelebt und mich bei einem Sportverein angemeldet hatte, kam dann der große Dämpfer: Corona. Austauschschüler auf der ganzen Welt wurden nach Hause geschickt, meine Gastschwester ist zurück nach Italien gefahren. Ich wollte bleiben. Und so blieb ich, zwei Monate lang eingesperrt mit einer fast völlig fremden Familie. Das war manchmal nicht einfach, aber alles in allem hatte ich auch in diesen zwei Monaten eine gute Zeit, da ich ohnehin gerne mal für mich allein lese oder schreibe. Außerdem war das die perfekte Gelegenheit, mit meiner Gastfamilie, die vorher oft wegen der Arbeit nicht da war, besser in Kontakt zu kommen. Unter anderem haben wir zusammen viele Filme geguckt. Der Fernseher lief ohnehin die ganze Zeit. Aufgefallen ist mir dort, dass spanische Nachrichten im Vergleich zu deutschen sehr viel lockerer sind und auch Positives berichten, beispielsweise die nette Geschichte, wie die Feuerwehr der hundertjährigen Omi auf dem Balkon zum Geburtstag gratuliert.
Nachdem die Lage sich wieder ein wenig entspannt hatte und wir wieder raus durften, war immer noch ein wenig Zeit, sich wieder mit Freunden zu treffen. Fast jeden Tag habe ich mich mit unterschiedlichen Leuten getroffen. Zunächst einfach auf den Straßen und später, als es heißer wurde, öfters auch in Cafés oder selten auch mal am Strand. Alle hatten Zeit, die Ferien hatten schon rund vier Wochen vor den deutschen begonnen und Reisen war aufgrund der Pandemie noch untersagt. Spanisch konnte ich mittlerweile ganz gut und ohne wirkliche Pflichten konnte ich so die Zeit einfach genießen. Am Wochenende gab es meist Abendessen in der Bar meiner Gastfamilie, um ein Uhr nachts, wenn die letzten Gäste langsam gingen. Das ist allerdings selbst für spanische Verhältnisse spät. Normal sind Abendessenszeiten von halb neun bis 10.
In den fünfeinhalb Monaten Spanien habe ich das Land, vor allem aber seine Leute sehr lieb gewonnen. Dementsprechend schwer fiel dann aber auch der Abschied. Zu traurig wollte ich aber nicht sein, denn: Volveré – Ich werde wiederkommen. Zurück in Deutschland konnte ich meinen Augen nicht trauen. Waren alle aus meiner Familie auf einmal gewachsen? In Spanien gehörte ich mit meinen 1,70m zu den großen. Aber so schnell, wie ich mich daran gewöhnte, wieder klein zu sein, gewöhnte ich mich auch an das ganze Leben in Deutschland. Letztendlich war meine Familie eben doch nicht gewachsen und auch sonst hat sich nicht viel verändert.
Jeelka Hessenius
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