Inscriptio Mensis Novembris – Inschrift des Monats November
Ebenso wie im September und Oktober leitet sich der Monatsname „November“ von einer Zahl ab: Novem ist das lateinische Wort für „neun“, denn ursprünglich war der November der neunte Monat des römischen Kalenderjahres.
Als grauer Herbstmonat, in dem sozusagen das blühende, grünende Leben vorübergehend stirbt, umfasst der November auch in unserem Kalender, der vor allem von den Feiertagen des christlichen Kirchenjahres geprägt ist, traditionell mehrere Gedenktage für die Verstorbenen (Allerseelen, Totensonntag, Volkstrauertag). Dazu gehört im Sinne der lateinischen Mahnung Memento mori! („Bedenke, dass du sterben musst!“) auch eine Zeit der Besinnung und Buße (Buß- und Bettag).
Passend dazu steht die Inschrift des Monats auf mehreren Grabsteinen neben der St. Bonifatius-Kirche in Rhauderfehn:
R.I.P. kennt man aus Comics oder Wildwestfilmen in der Regel als Abkürzung für „Rest in peace“ – „Ruhe in Frieden“ (und nicht etwa „Rest in pieces“…).
Älter ist die Abkürzung des lateinischen Originals, wie sie z.B. auf diesem Grabstein in Rhauderfehn verwendet wird:
Requiescat in pace.
Einen kleinen Unterschied gibt es in der Übersetzung: Während bei „Rest in peace“ der Tote selbst angesprochen ist (im Sinne von „Du mögest in Frieden ruhen“), wird in der lateinischen Formel in der 3. Person über den Toten bzw. die Tote gesprochen: „Er/Sie möge in Frieden ruhen“.
Die Abkürzung wird manchmal auch noch erweitert, wie man auf zwei weiteren Grabsteinen neben der Kirche sehen kann:
R.I.P.S. : Requiescat In Pace Sempiterna/Sancta
= „Er möge in ewigem/heiligem Frieden ruhen.“
c.a.r.i.p. : cuius anima requiescat in pace
= „Dessen Seele möge in Frieden ruhen.“
Grammatisch gesehen handelt es sich bei requiescat um einen Konjunktiv Präsens im Hauptsatz, der einen Wunsch zum Ausdruck bringt, einen so genannten Optativus. Im Deutschen dient dazu entweder das Hilfsverb „möge“ (ebenfalls im Konjunktiv) oder eben auch der Konjunktiv I des Verbs: „Er/Sie ruhe in Frieden.“
Am Ostfrieslandwanderweg in Rhauderfehn war dieser Spruch voll ausgeschrieben ebenfalls über mehrere Jahre als Graffito auf der Rückseite eines Gartenhauses zu finden:
Lange Zeit stand ich vor einem Rätsel: Wer beherrscht die lateinische Sprache mitsamt dem optativen Konjunktiv (und muss schon allein daher ein Mindestmaß an humanistischer Bildung aufweisen) – und schreckt gleichzeitig nicht davor zurück, anderer Leute Gartenhäuser zu verunstalten?!? Eine Schnittmenge dieser beiden Personengruppen kann ich mir ja kaum vorstellen…
Bis ein Schüler, als ich in der 9. Klasse bei der Behandlung des lateinischen Konjunktivs das Foto zeigte, etwas Licht ins Dunkel brachte: Das Zeichen rechts neben dem Spruch verweist auf ein Mafia-Computerspiel, in dem nach einem „erfolgreich ausgeführten Auftrag“ dem Opfer stets vom Täter die Augen mit eben diesen Worten geschlossen werden: „Requiescat in pace.“
Es ging also wohl um ein Computerspiel-Zitat – und nicht um ein verstorbenes Haustier, wie ein anderer Schüler einmal vermutet hatte: „Vielleicht hat da ja jemand hinter dem Gartenhaus auch einfach seinen toten Hamster beerdigt…“