Inscriptio Mensis Octobris – Inschrift des Monats Oktober

Der Oktober als ursprünglich achter Monat des römischen Kalenderjahres erhielt seinen Namen in Anlehnung an die Zahl octo (= „acht“).

Die Inschrift des Monats findet man über der Eingangstür des Hauses in der Neuen Straße 31 in der Altstadt von Leer.

 

Neue Str Leer 1

 

Das Haus befindet sich seit 1922 im Besitz der Familie Wolff, die im bekannten historischen Haus Samson in der Rathausstraße ganz in der Nähe eine Weinhandlung und ein Museum betreibt, mittlerweile in der siebten Generation.

Neue Str Leer 2Das Namensschild – vom Betrachter aus rechts neben der Tür, unter der Hausnummer – trägt die Aufschrift „Claas Wolff“.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude in der Neuen Straße, das ursprünglich erheblich größer war, während einer Bombennacht zur Hälfte zerstört. Nach dem Krieg wurde die zerstörte Hälfte abgerissen – an ihrer Stelle wurde ein Vorgarten mit Figuren nach antikem Vorbild angelegt – und die noch vorhandene, ebenfalls beschädigte Hälfte zu einem prachtvollen Stadthaus wieder aufgebaut.

Auf diese einschneidenden Ereignisse in der Geschichte des Hauses verweist auch die Inschrift. Übersetzt lautet sie:

„In schon vorgerücktem Alter wurde dieses prächtige Haus durch das Feuer des Krieges zerstört und in Zeiten allgemeinen Mangels wieder aufgebaut 1948.“

Das „vorgerückte Alter“ erklärt sich aus der auf dem Foto oben (unter dem weißen Fenster) noch erkennbaren Wappentafel, die als Erbauungsjahr 1736 angibt. Zum Zeitpunkt der Zerstörung war das Haus also bereits über 200 Jahre alt gewesen. Die „Zeiten allgemeinen Mangels“ verweisen auf die insgesamt von Not und Entbehrung geprägten Jahre direkt nach dem Krieg.

Für die Grammatikfans: Bei aetate iam provecta handelt es sich um einen der berühmt-berüchtigten Ablativi absoluti – kurz Abl. abs. –, bestehend aus einem Nomen im Ablativ (aetate) und dem dazugehörigen Partizip (hier ein Partizip Perfekt: provecta).

Die Formulierung aetate iam provectus/provecta war auch im Alten Rom bereits eine gängige Floskel, um ganz grob das (Lebens-) Alter anzugeben, meistens das einer Person. Auch der Ausdruck incendium belli („Brand/Feuer des Krieges“) wurde schon bei den Römern zur Umschreibung der Zerstörungen während eines Krieges verwendet. Wer immer die Inschrift also formuliert hat, der kannte sich auf jeden Fall offensichtlich im klassischen Latein gut aus…