Inscriptio Mensis Augusti – Inschrift des Monats August
Der Monatsname August leitet sich vom römischen Kaiser Augustus ab (Regierungszeit: 31. v. Chr. – 14 n. Chr.). Schon zu Lebzeiten bekam er vom römischen Senat als besondere Ehrung den ursprünglich sechsten Monat des römischen Kalenderjahres zugesprochen – wie sein Adoptivvater Iulius Caesar zuvor den fünften Monat, den Juli. Bis dahin hatte der letzte Sommermonat schlicht Sextilis (= „der sechste“) geheißen.
Und eigentlich hatte dieser sechste Monat nur 30 Tage, denn die römischen Monate umfassten nach der von Caesar veranlassten Kalenderreform immer abwechselnd 31 und 30 Tage (mit Ausnahme des 29-tägigen Februars).
Allerdings sollte/wollte Augustus keinen Monat, der weniger Tage als der seines Vorgängers hatte. Nur 30 August(us)-Tage gegenüber stolzen 31 Juli(us)-Tagen? Das wäre ja in der von Propaganda und Symbolik geprägten Zeit einer Herabwürdigung des Kaisers gleichgekommen…
Also wurde die ursprüngliche Kalenderordnung einfach umgestellt – und auch der August erhielt 31 Tage. Den zusätzlichen Tag verlor der ursprünglich letzte Monat des Jahres, der Februar, der seitdem in Nicht-Schaltjahren nur noch 28 Tage hat.
Die Eitelkeit eines römischen Herrschers (bzw. zweier römischer Herrscher) ist also noch heute an unserem Kalender abzulesen.
Mehrere Kaiser hatten nach diesen Vorbildern übrigens ebenfalls versucht, sich mit einem eigenen Monat im Kalender zu verewigen – ohne Erfolg, wie man sieht.
Die Inschriften des Monats befinden sich auch diesmal über der Eingangstür einer katholischen Kirche, der St. Michael-Kirche in der Altstadt von Leer.
Die Kirche ist nach dem Erzengel Michael benannt, der auf diesem Wappen zu sehen ist. Dreimal wird er in der Bibel erwähnt: im Buch Daniel, im Judasbrief und in der Offenbarung. Auf die Stelle in der Offenbarung (Kapitel 12, Verse 7 bis 9) geht auch die Darstellung als mit Schwert und Schild bewaffneter Bezwinger des Bösen zurück, das durch einen Drachen verkörpert wird. Auf dem Schild des Engels steht: „Quis ut deus?“ Das ist die lateinische Bedeutung seines hebräischen Namens Michael: „Wer (ist) wie Gott?“
(Wieder fehlt im Lateinischen das Verb est – eine Ellipse, wie Leserin und Leser der Inschrift des Monats April wissen.)
Direkt unter dem Wappen befindet sich die folgende Inschrift:
EX SpeCIaLI gratIa FrIDerICI MagnI BorVssIae RegIs posIta
Die Übersetzung: „aus besonderem Dank an Friedrich den Großen, den König von Preußen, angebracht“
1744 fiel Ostfriesland nach dem Tod des letzten Fürsten aus der Familie Cirksena dem Königreich Preußen zu (lateinisch: Borussia – ja, liebe BVB- und liebe Gladbach-Fans, namenstechnisch steht ihr in einer Linie mit dem Drittligisten Preußen Münster).
Lange kämpften die Katholiken in Leer, wo es seit der Reformation keine katholische Kirche mehr gab, für die Genehmigung, ein eigenes Kirchengebäude errichten zu dürfen. Erst 1775 wurde ihnen dieser Neubau dann vom preußischen König Friedrich dem Großen gestattet: Am 2. Januar wurde die Genehmigung offiziell erteilt, am 15. Dezember desselben Jahres stand die Kirche und wurde geweiht – heutzutage mag man über ein solches Tempo staunen…
Eine grammatische Besonderheit ist der Genitiv „FrIDerICI MagnI BorVssIae regIs“: ein so genannter Genitivus obiectivus, der nicht wie üblich den Urheber (sozusagen das „Subjekt“) des Dankes bezeichnet („Wessen Dank?“), sondern denjenigen, an den sich dieser Dank richtet (sozusagen das „Objekt“ des Dankes): „…Dank an Friedrich den Großen, den König von Preußen…“
Aber warum erscheinen die großen und kleinen Buchstaben in dieser Inschrift so wild vermischt? Auch dafür gibt es eine besondere, inschriftentypische Erklärung: Es handelt sich um ein sog. Chronogramm, einen lateinischen Satz oder Ausdruck, bei dem die Summe aller Buchstaben, die auch römische Ziffern darstellen können (siehe Inschrift des Monats Januar), eine Jahreszahl ergibt, die mit dem Satz/Ausdruck zu tun hat. Diese Buchstaben werden irgendwie hervorgehoben, hier durch Großschreibung. In diesem Fall geht es um das Jahr der Genehmigung, Erbauung und Weihe der Kirche:
X + C + I + L + I + I + I + D + I + C + I + M + I + V + I + I + I = 1775
Chronogramme sind natürlich besonders in Inschriften verbreitet. Ein anderes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist die folgende Schreibweise des berühmten Spruches nach der Wahl eines neuen Papstes:
HabeMVs papaM. („Wir haben einen Papst.“)
M + V + M = 2005 – in diesem Jahr wurde der Deutsche Joseph Ratzinger zu Papst Benedikt XVI. gewählt.